Lebenslauf

Vater und Großvater bei der Arbeit
In Rendsburg am Nord-Ostsee-Kanal geboren wuchs ich auf in einer Familie von Bootsbauern. Aber die Werft, in der mein Großvater und mein Vater Fischkutter, Segelboote und große Rettungsboote aus Holz bauten, blieb nicht im Familienbesitz. Wenn es eine normale Generationsfolge gegeben hätte, wäre ich heute möglicherweise Bootsbauer. Ich verstehe es heute als Glück, dass ich einen anderen Weg einschlagen konnte, aber die rein handwerkliche Seite des Bootsbaus, die Holzbearbeitung und das Entwerfen und Zeichnen von Schiffskörpern, hat mich sicher auch in meiner Auffassung vom Beruf des Autors beeinflusst.
Stattdessen lernte ich zuerst einmal Pillendrehen und Zäpfchengießen, denn als Pharmaziestudent musste man nicht zur Bundeswehr. In Kiel studierte ich bis zum Vorexamen. Bei allem Interesse für Chemie und Biologie konnte mir aber eine Zukunft als Verkäufer in der Apotheke nicht recht vorstellen.


Obwohl ich als – damals nicht erkannter Legastheniker – schlechte Abiturnoten in Deutsch hatte entschied ich mich danach Germanistik und Publizistik in Berlin zu studieren.Damals zu Beginn der 1970er Jahre kam gerade die Videotechnik auf und ich schloss das Magisterstudium ab mit dem gemeinsam mit Christian Scholz realisierten Videofilm Recht hat der Brecht!? über die „Beziehung von Brechts epischen Theater zum Film am Beispiel von Kuhle Wampe“.Während des Studiums verdiente ich meinen Unterhalt als Filmkritiker für die Zeitung Der Abend und für das erste Stadtmagazin Hobo. Später für dessen Nachfolger tip.
In meiner frühen Jugend war ich nicht mit dem Kino in Berührung gekommen; meine Eltern hatten auch erst sehr spät einen Fernseher. Paul Schrader hat beschrieben, wie aus diesem verhinderten Zugang ein besonderer Sog entsteht.
In den letzten Jahren auf dem Gymnasium gründete ich zusammen mit Klassenkameraden einen Filmclub. Wir zeigten in einem Gemeindezentrum, das eine ausgesegnete Kirche war, Filme des Schmalfilm-Verleihs Atlas, Klassiker der Filmgeschichte, Bergman-Filme, Antonioni, Polanski, aber auch Western wie ZWÖLF UHR MITTAGS, die in den kommerziellen Kinos der Kleinstadt nicht liefen.Da wo früher das Kreuz hing, stellten wir unsere portable Leinwand auf. Später gab ich dann von 1980 bis 1982 zusammen mit drei Kollegen in Berlin die Filmzeitschrift Filme – Altes und Neues vom Kino heraus. Durch das Schreiben über Filme kam ich zum Schreiben für Filme.


Das Haus im Park (1979) war der erste Film, an dessen Drehbuch ich mitgearbeitet habe. Mit Rudolf Thome schrieb ich anschließend das Drehbuch für Kinofilm Berlin Chamissoplatz (1980). Für System ohne Schatten (1983) entwickelte ich dann das Script allein. Bei der Realisation der Bücher war ich zuerst als Regieassistent und dann als Produktionsleiter involviert, eine Rolle, die ich auch bei einigen der nachfolgenden Filme von Rudolf übernahm.Später entstanden für das Fernsehen zum Beispiel Episoden für die eigene ZDF-Krimireihe Beckmann und Markowski, außerdem für Bella Block und Kommissarin Lucas. Weiterhin verfasste ich Drehbücher für die Fernsehfilme Klassentreffen (Sat.1, 2001), Der Mann und das Mädchen (DRS, 2004) und Der Einsturz Sat.1 (2010).
Mich hatte schon immer gestört, dass die Rolle der Drehbuchautoren im Prozess der Filmherstellung stets unterbewertet wurde, nicht nur in der Filmgeschichte, sondern vor allem auch in der alltäglichen Praxis. Erst wenn es zu Krisen kam, rückte das Drehbuch als Sündenbock in den Focus. Nach einem Symposium im Jahr 1986 im Literarischen Colloquium zu diesem Thema gründete ich zusammen im einigen Kollegen 1987 zuerst eine Arbeitsgemeinschaft, aus der wenig später der Berufsverband der Drehbuchautoren, VDD entstand. Über die Anfangsphase des Verbandes habe ich 2006 mit der damaligen Geschäftsführerin Katharina Uppenbrink ein Interview geführt. Über die Verbandsarbeit war ich auch in die Gründung der Berliner Drehbuchwerkstatt involviert und unterrichtete Drehbuchschreiben im Folgenden an verschiedenen Hochschulen und Akademien. Von 2007 bis 2017 leitete ich die Drehbuchakademie der Deutschen Film- und Fernsehakademie Berlin.
Musik und Mythen fremder Kulturen haben mich schon von klein auf besonders interessiert. Als Jugendlicher las ich natürlich „Kon Tiki“ von Thor Heyerdahl und glaubte an dessen abenteuerliche Theorie, dass die ersten Polynesier mit nicht steuerbaren Balsaflössen von Südamerika aus die Inseln des riesigen polynesischen Dreiecks besiedelt hätten. Eine Theorie, die sich später als kompletter Irrglaube entpuppen sollte.

Es dauerte etwas, bis mir in Neuseeland die Ehre zuteilwurde, in einem Waka, einem Maori Kriegskanu mitzufahren. Ich lernte die wunderbare Seetüchtigkeit dieses Gefährts kennen, in dem die Vorfahren der Maori der Legende nach aus Hawaiki eingewandert waren. Später sah ich auf Oahu die Hokulea, den designgetreuen Nachbau eines Doppelrumpf-Kanus mit dem eine Hawaiianische Crew ohne jede Form der modernen Kommunikation, nur ausgerüstet mit den nautischen Kenntnissen ihrer Vorfahren zielgerichtet zwischen Neuseeland, Tahiti, Hawaii und den Osterinseln verkehrte. Nicht steuerlos und hilflos Wind und Wellen ausgeliefert, sondern bewusst und mit genauester Kenntnis des Ozeans wurde Polynesien besiedelt.Für mich nur ein Beispiel dafür, wie die herausragenden Kenntnisse und Fähigkeiten von indigenen Völkern von und Westler notorisch unterschätzt werden.
Es war für mich eine tolle Gelegenheit, als ich aufgefordert wurde, an einem neuseeländischen Kinofilm mitzuarbeiten. „Re Rua“ wurde von Barry Barclay, einem Maori, geschrieben und inszeniert. So lernte ich Wi Kuki Kaa den Hauptdarsteller und Delvanius Prime den musikalischen Leiter des Projektes kennen. Sie wurden für mich zu Mentoren und Führern durch die Kultur der Maori und ihre Lebensweise im Einklang mit der Natur. Für die Reihe von Originalton-Radiofeatures „Von der Seele des Waldes – Musik und Mythen der Maori“ recherchierte ich zwei Monate in aotea roa.
Auch sehr früh hat mich der Blues interessiert und oftmals tief berührt. Unter der Bettdecke glühte das Katzenauge des Kofferradios, wenn ich Nachts längst schlafen sollte und die entsprechenden Radiostationen hörte. "Was singt mir, der ich höre in meinem Körper das Lied?“ So fragt der französische Philosoph Roland Barthes, "Alles, was in mir widerhallt, mir Angst macht oder mein Begehren weckt. Ganz gleich, woher diese Verwundung oder diese Lust kommt: für den Verliebten, wie für das Kind singt der romantische Gesang immer die Erschütterung des verlorenen, verlassenen Subjekts." Was Barthes über die romantische Musik Schuberts und Schumanns sagt, es gilt meiner Ansicht nach auch für den Blues.
Nach den frühen Erfahrungen war Allen Lomax ein anderer besonderer Mentor für mich. Der große alten Mann der - nicht nur – amerikanischen Folkmusik brachte mir die vielfältige Musik der Stadt New York nahe und die Aufnahmen über den frühen Blues und Jazz, die er noch mit seinem Vater gemacht hatte. Ich durfte die Recordings für seine computergestützte "Global Jukebox" nutzen und verarbeitete sie zusammen mit eigenen Originalaufnahmen.

Als ich von der Existenz der Royal Hawaiian Band hörte und erfuhr, dass ihr erster Leiter ein preußischer Kapellmeister aus Berlin war, musste ich mich auf die Spur dieses Mannes, Heinrich Berger, begeben. Auf Oahu trafen Irene und ich Aaron Mahi, der früher einmal selbst die Band geleitet hatte und als Nachkomme von Ali´i, den hawaiianischen Adligen, ein großer Kenner der hawaiianischen Kultur und Musik ist. Durch meine bereits in Neuseeland erworbene Kenntnisse der polynesischen Kultur konnte ich sein Vertrauen gewinnen. Er wurde mein Guide durch die wendungsreiche Geschichte der Inselgruppe, durch die Mythen und Legenden der Hawaiianer und durch die vielfältige aktuelle Musikszene. Durch ihn bekam ich Kenntnis von den Young Traditionalists, die heute die alten Musikstile wie Slide- und Slack-Guitar-Spiel aufrechterhalten und von Harry B. Soria. Harry führte mit seiner wöchentlichen Radioshow mit traditioneller Hawaiianischer Musik, „Territorial Airways“ mit Internet-Präsenz weiter, was sein Vater schon per Kurzwellen-Radio für die weltweite Verbreitung und Präsenz von hawaiianischer Musik geleistet hatte. Er besaß zigtausende von historischen Aufnahmen, die er von alten Schallplatten digitalisiert hatte. Mit seinem Tod ging die Kollektion an das Hawaiian State Archive. Der aktuelle Bandmaster der Royal Hawaiian Band Clarke Bright brachte mich mit der gegenwärtigen Aufführungspraxis in Berührung und war ein spannender Gesprächspartner. Die sechswöchige Recherche und die Erstellung der ausführlichen Projektbeschreibung „Echoes of Paradise“ führten leider nicht zu einem Film. Aber die Zeit auf Oahu mit täglicher Lifemusik, dem unvergleichlichen Ahola-Spirit und die Begegnung mit diesen wunderbaren Menschen haben mein Leben und mein Schreiben für immer geprägt. Zusammen mit meiner Frau Irene baute ich zur Jahrtausendwende auf Sardinien ein Haus. Es ging uns damals nicht nur um ein Feriendomizil, sondern wir wollten auch etwas über die archaische Kultur der Sarden abseits der Touristenströme erfahren. Der Trompeter Paolo Fresu lud uns zu seinem Festival „Time in Jazz“ in das Gebirgsdorf Berchidda. Über ihn erfuhren wir vom seit Frühzeiten mündlich überlieferten Gesang der Tenores und dem Einfluss der dörflichen Bandas auf das Musikverständnis in seiner Jugend.
Die pensionierte Geschichtslehrerin Mena Cossu vermittelte uns die Riten des Laufs der Barfüßer in Cabras, einer Prozession bei der eine schwere Statue barfuß acht Kilometer weit querfeldein über Stock und Stein in das nur einmal im Jahr belebte Novenario San Salvatore de Sinis getragen wird. Und sie machte uns mit den Verantwortlichen für das größte der vielen sardischen Reiterfeste in Oristano bekannt. Es entstand aus diesen Kontakten eine sardische Radiotrilogie.

"Das Gedächtnis der Töne" über das Jazzfestival „Time in Jazz“
"Kreuzweg der Klänge" über den „Lauf der Barfüßer“ in Cabras
"Vom Rhythmus der Zeiten" über die Sartiglia in Oristano
In der Zeit der Corona Epidemie kam das Schreiben für die Film- und Fernsehproduktion, das ich auf Grund der vielen Einreden bereits zunehmend als zwiespältig empfunden hatte, beinahe zum Erliegen. In dieser Zeit entschied ich, mich dem Prosaschreiben zuzuwenden. Sardinien seine archaische Natur und seine Bewohner waren mir zutiefst ans Herz gewachsen. Ich hatte bereits für Radiofeature über sardische Kultur, Musik und Mythen. recherchiert. Und als mit der Pandemie bei mir der Wunsch aufkam, nicht mehr Drehbücher zu schreiben, sondern Romane, war klar, dass Sardinien als ein Schauplatz in ihnen vorkommen musste. So plante ich eine Kriminalromanreihe, in der es um die aktuellen gesellschaftlichen Konfliktlinien gehen sollte und versetzte einen scheinbar in seinem Beruf gescheiterten Berliner Kriminalrat in die Natur eines stillen Tales auf Sardinien.
Da ich zunächst keinen Verlag fand, erschien „Verdeckte Spuren“ im Mai 2023 bei BoD als erster Teil der geplanten Trilogie „Im Dickicht der Zeit“. Auf Grund von guten Rezensionen unter anderem in der FAZ und CrimeMag wandte sich der ars vivendi verlag an mich und der zweite Band Die Chinesin“ konnte im Juli 2024 im Verlag erscheinen.
Ich kündigte daraufhin den BOD Vertrag für „Verdeckte Spuren“ und dieser Beckmann auf Sardinien Roman erscheint im Frühjahr 2025 im Verlag als Prequel. Für Ende 2025 ist dann „Der Mensch vom Meer“ in der Planung und die Reihe soll in Absprache mit ars vivendi auch über die ursprünglich geplante Trilogie hinaus fortgesetzt werden.